Der international bekannte Pianist Matthias Kirschnereit gilt als einer der ganz großen Poeten des Klavierspiels und ein Konzert mit ihm bietet immer wieder ein ganz spannendes Musikerlebnis. Für die Liebhaber feinster Musizierkunst zahlten sich da die Kontakte von Gernot Gottschling vom Haus der Klaviere sicherlich aus. Er hat ja selber an der renommierten Musikhochschule in Detmold Klavier studiert und kennt den sympathischen Musiker aus dieser gemeinsamen Zeit. Matthias Kirschnereit hat damals bei der herausragenden Pianistin Renate Kretschmar-Fischer studiert und der Kontakt zu Gernot Gottschling ist nie abgebrochen. Für sein Konzert am Sonntagabend hatte Matthias Kirschnereit aus seinem großen Repertoire ein überaus anspruchsvolles und gleichzeitig abwechslungsreiches Programm zusammengestellt, das man in dieser Art wohl nur selten erlebt. Charmant stellte er dabei jedes einzelne Werk vor, so dass die vielen Besucher einen direkten Einblick in Entstehung bzw. den Gehalt jenseits des reinen Notentextes erhielten. Mit der „Sonate B-Dur op. 24 Nr.2“ von Muzio Clementi begann Matthias Kischnereit und sofort war man fasziniert von seiner mit Esprit und Leidenschaft erfüllten Spielweise. Die Klaviersonaten von Muzio Clementi sind lange Zeit bis zur legendären Einspielung von Vladimir Horowitz nicht so gewürdigt worden, wie sie es vom Niveau und Gehalt verdienen. Wer dieses als „Zauberflötensonate“ bekannte Werk selber gespielt hat, weiß um die spieltechnischen Anforderungen, die der in seiner Zeit wohl bekannteste Virtuose in seine Sonate hat einfließen lassen. Aber für Matthias Kirschnereit war dieses diffizile Werk gleichsam wie eine Herausforderung, seine Virtuosität und Spielfreude ganz in die Ausgestaltung des musikalischen Gehalts jenseits des reinen Notentextes zu stellen. Elegant und Grazie sowie wohldifferenzierte Melodieführung zeigten seine fast klangmalerische Spielweise und man entdeckte für seine Sonatinen oftmals verpönten „Clementi“ gleichsam neu. Nach solch einem Musikgenuss ging es mit den „Variationen F-Dur op. 34“, dem „Allegretto c_Moll“ sowie dem wohl den meisten Besuchern unbekannten Klavierlied „Lustig-Traurig WoO 54“ aus der Feder Ludwig van Beethovens in leicht dramatische Welten. Auch hier zeigte der Pianist sich bestens zu Hause, wusste die markante Ausdrucksweise Beethovens in sein farbenreiches Spiel zu integrieren. Da war dessen „Polonaise C-Dur op. 89“ bei ihm bestens aufgehoben. Sehr romantisch und gefühlvoll ging es bei „Meine Seele bangt...“ aus den Elegien für Klavier von Ferruccio Busoni weiter. Mit Akribie und Feinsinn spielte er diese innige Musik, deren Gefühlstiefe die Herzen des Publikums sicherlich erwärmte. Das allseits bekannte „Scherzo b-Moll op. 31“ von Frederic Chopin präsentierte Matthias Kirschnereit mit einer lyrisch-dramatischen Interpretation, stand er ganz in der Tradition von legendären Pianisten wie Arthur Rubinstein und Elly Ney. Auch sie „donnerten“ dieses Werk nicht herunter, sondern spürten den Melodien in all ihrer Dramatik nach. Mit der „Sonata para piano op. 23“ von Alberto Ginastere durchzog gleichsam südamerikanisches Flair den Konzertsaal. Temperamentvoll und leidenschaftlich interpretierte Matthias Kirschnereit dieses interessante Werk, war dies für das Publikum ein grandioses Finale.
Text und Fotos:
© Axel Engels