Zuerst einmal bei sommerlichen Temperaturen durch den Garten hinter dem Haus der Klaviere Gottschling schlendern und sich im Anschluss von einem der renommiertesten Jazztrios musikalisch verwöhnen lassen - dies war am Sonntag in Hiddingsel möglich. Das neue Projekt "European Songbook" von Saxophonist Frank Roberscheuten, Pianist Rossano Sportiello und Schlagzeuger Martin Breinschmid entpuppte sich nämlich als ein besonderes Vergnügen.
Dabei geht es nicht um Improvisationen über "traditionelle" Jazz-Melodien. Die drei Musiker hatten sich einen ganz anderen Ansatz gewählt: Wie würden Melodien von Johann Sebastian Bach, Franz Lehár oder Ennio Morricone klingen, wenn sie im Stil von Charlie Parker oder Louis Armstrong erklingen würden? Diesem Geheimnis spürte das Trio bei seinem Crossover durch mehrere Jahrhunderte nach, eröffnete mit ihren ganz eigenen Qualitäten einen fast magischen Jazzkosmos mit allseits bekannten Melodien.
Schon bei dem "Vilja Lied" aus der Operette "Die lustige Witwe" von Franz Lehár versprühte das Trio seinen mit humoristischen Elementen bereicherten Jazz. Und "Wenn der weiße Flieder wieder blüht" von Franz Doelle hatte nichts von dem leicht angestaubten Schmalz des Films von 1953. In die Welt der irischen Music Hall ging es mit feinsinnig gespieltem "It´s a Long Way to Tipperary" aus dem Jahre 1912, das wie vom Staub der Zeit befreit in ein ganz lebendiges Gewand gekleidet war. Aus dem gleichen Jahr stammte auch das Xylophon von Breinschmid. Er nutzte sowieso alles denkbar Mögliche, um besondere Klangfarben beizusteuern: Ob er sich nun auf diversen Weinflaschen rhythmisch austobte oder dem im Bösendorfer Konzertflügel verstecktem Glockenspiel wunderbare Melodien entlockte - immer war er für Überraschungen gut.
Der Pianist genoss hörbar die klangfarblichen Möglichkeiten des Wiener Instrumentes. Mit feinster Anschlagskultur zeigte er sich als exquisiter kammermusikalischer Partner, solistisch war seine Improvisation über die berühmte "Caprice Nr. 24 in a-Moll" von Niccoló Paganini einfach ein Genuss. Mit Esprit und Leidenschaft spielte Frank Roberscheuten die wunderbaren Melodien, ob am Saxophon oder an der Klarinette. Was er an virtuosen Improvisationen beim "Cinema Paradiso" von Ennio Morricone oder den beflügelten "Swiss Air" von Hazy Osterwald beisteuerte, war lebendiger Jazz so ganz nach dem Geschmack des Publikums.
Dabei stimmte der musikalische Dialog des Trios bis ins Detail, schließlich spielen sie schon seit 13 Jahren zusammen und da versteht man sich ohne große Worte. Dieses Konzert mit den "Three Wise Men" zeigte kein akademisches Herangehen an große Werke der Musikgeschichte, sondern mit ganzem Gefühl widmeten sich die Musiker den Melodien.
Text und Fotos:
© Axel Engels