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Die Geschichte des Klaviers

Die Geschichte des Klaviers in 1000 Worten zu erzählen, ist ungefähr so ambitioniert wie die, jeden anderen kulturgeschichtlich so bedeutsamen Gegenstand in einem solchen Format darstellen zu wollen. Also eigentlich von vornherein zum Scheitern verurteilt. Trotzdem möchten wir zumindest versuchen, Ihnen die Historie dieses wichtigen Instrumentes nahezubringen.

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Am Anfang war ein Chordophon

Das Klavier ist ein Chordophon, also ein „Saitenklinger“. Ursprüngliche Chordophone – Monochorde genannt – gaben nur einen Ton von sich, in Gestalt von Musikstab und Musikbogen. Der Musikbogen führte zur Entwicklung der Harfeninstrumente – insbesondere zur Röhrenzither aus Bambus, zur Floßzither und Kastenzither. Der Klang unverstärkter, also nicht an den Resonanzkörper gekoppelte, klingender Saiten wurde durch einen kastenförmigen Hohlraum kraftvoller gemacht. Diese Polychorde (Zither, Psalter, Hackbrett u. a.) besaßen einen mehrfachen Saitenbezug und eine Verstärkung durch einen Resonanzraum. Sie wurden über viele Jahrhunderte entweder mit Plektren oder den Fingern gezupft oder mit Schlägeln oder Hämmerchen aus Holz mit Filz-/Tuchüberzug angeschlagen.

Von Monochord zum Polychord

 

Für all diese Instrumente galt: pro Saite ein Ton. Eine Vermehrung des Tonumfangs bedeutete also stets auch eine Vermehrung der Saiten. Da die Saitenherstellung aber aufwendig war, beschritt man schon früh den Weg der Saitenverkürzung. Das geschah durch ein Griffbrett, wie die Zither mit selbigem zeigt. Dadurch konnte man fortan mittels Abgreifen, wie bei einer Gitarre, nacheinander unterschiedlich hohe Töne auf ein und derselben Saite erzeugen.

Auf dem Monochord untersucht Pythagoras schon im 6. Jahrhundert v. Chr. die einfachen Zahlenverhältnisse, die den Intervallen (2/1 Oktave, 3/2 Quinte, 4/3 Quarte usw.) zugrunde liegen. Verbindet man mehrere Monochorde miteinander und ersetzt die verschiebbaren Stege durch feste, auf Tasten montierte Stege, entsteht das Klavichord, welches als das erste eigentliche Klavierinstrument gelten kann. Beim Klavichord (ab ca. 1400 n. Chr.) teilt der Steg beim Drücken der Taste die Saite in zwei Teile, wobei ein Teil abgedämpft ist, der andere den gewünschten Klang liefert. Sogar ein Vibrato durch vibrierenden Tastendruck ist so schon möglich! Beim ungebundenen Klavichord hat jede Taste ihre eigene Saite, beim gebundenen wird ein Saitenchor von mehreren Tasten genutzt, was natürlich die Kombinationen einschränkt.

Die Blütezeit des Cembalo

So wie das Monochord zum Klavichord wurde, wurde das mit dem Plektrum angezupfte Psalterium durch eine raffinierte Mechanik zu Cembalo, Spinett und Virginal. Am Ende der Taste saß dabei eine Docke – auch Springer genannt –, an der sich ein Vogelfederkiel befand. Heutzutage wurde der Federkiel durch Kunststoff ersetzt, doch das Prinzip bleibt dasselbe. Aufwärts wird die Saite angerissen, abwärts weicht der Kiel aus und ein Filzdämpfer dämpft die Saite ab.

Das Cembalo und seine Bauformen haben einen ungleich lauteren und klareren Klang als Klavichorde. Die relative Starrheit, also anschlagsunabhängige Lautstärke, wird durch ein Erhöhen der Registerzahl ausgeglichen. 8'-Register klingen in der Tonhöhe der angeschlagenen Taste, 16'-Register eine Oktave tiefer, 4'-Register ein Oktave höher. Cembali können über ein oder mehrere Tastaturen (Manuale) verfügen, die sich auch koppeln lassen. Ebenso kann dabei ein gedämpfter Klang durch einen Lautenzug erzeugt werden.

Die Erfindung des modernen Pianos

Doch damit ist die Geschichte des Klaviers noch nicht am Ende. Als Begründer des „modernen“ Klaviers gilt Bartolomeo Cristofori. Er erfand ziemlich genau um 1700 eine Mechanik, bei der die Saiten des Cembalos nicht angezupft, sondern angeschlagen werden konnten. Die Instrumente mit dieser neuen Mechanik nannte er „Gravicembalo col piano e forte“, womit der Name der neuen Gattung, Pianoforte, festgesetzt war. Der Anschlag erlaubte also, den Ton zu differenzieren, ihn stark – forte – oder leise – piano – erklingen zu lassen, und natürlich alles dazwischen. 1732 erschienen die ersten 12 Klaviersonaten mit genauen Piano- und Forte-Spielanweisungen. Solche gab es zwar schon von J. S. Bach (z. B. im Italienischen Konzert), darin bezog er sich aber eindeutig auf Cembaloregister.

Die unendliche Geschichte des Klaviers

Andere Instrumentenbauer wie Gottfried Silbermann griffen die Idee auf und verfeinerten diese. J. S. Bach lernte 1747 am Hof Friedrich des Großen einen Hammerflügel aus Silbermanns Werkstatt kennen – und schätzen. Trotzdem komponierte er fortan nicht ausdrücklich für dieses neue Instrument.

Als das Ende des Cembalos und den Beginn der Ära der Hammerflügel, wie wir heute historische Flügel nennen, können wir wohl ziemlich genau Bachs Tod im Jahr 1750 annehmen. Natürlich gab es eine Übergangszeit, und selbstverständlich gab es auch weiterhin einen Bestand an Cembali, der schließlich nicht plötzlich verschwand. Viele Cembali wurden umgebaut und mit einer Hammermechanik versehen. Bereits Mozart (1756–1791) komponierte nur noch für den neuen Hammerflügel.

Erfindungen der Neuzeit: die Geschichte des Klaviers ab 1800

Ein weiterer wichtiger Name ist Sébastien Érard. Seine Erfindung des Repetierschenkels in der Flügelmechanik 1821 verbessert diese erheblich und ist heute in jedem modernen Flügel verbaut. Franz Liszt bevorzugte in seiner Solistenzeit Érard-Flügel. Frédéric Chopin hingegen schätzte den singenden Ton der Flügel von Ignace Pleyel – des anderen großen französischen Klavierfabrikanten, Pianisten, Komponisten und Verlegers.

Die Herausforderung der Saitenspannung

 

Mit der Zunahme der Lautstärke, die der Konzerflügel auf der Bühne erzeugen sollte, ging auch eine Zunahme der Saitenspannung einher. Hinzu kam, dass jetzt ab der Mittellage drei Saiten pro Ton einen kraftvolleren Klang erzeugten. Hatten frühe Hammerflügel wie Cembali eine rein hölzerne Statik, wurden später die Anhangfelder mit den hinteren Saitenbefestigungen aus Eisen gefertigt. Zu Chopins Zeiten stabilisierten bereits verschraubte Eisenverstrebungen, sogenannte Spreizen, die akustischen Anlagen. Wird der gesamte Saitenraum mit dem Stimmstock und den Stimmwirbeln von einem gusseisernen Rahmen eingefasst, spricht man von einem vollen Eisenrahmen. Dieser wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Amerika ausgehend – vor allem durch Steinway und Chickering – zunehmend Standard, oft auch in Verbindung mit einem kreuzsaitigen Saitenbezug.

Ein moderner Konzertflügel mit Panzerplatte trägt übrigens eine Saitenspannung von annähernd 20 Tonnen. Ein Klavier kommt auf ca. 16 Tonnen.

Englische und Wiener Mechanik

 

Die Mechaniken von Cristofori verfügten über ein ortsfestes Hammerlager. Das bedeutet, dass der Flügelhammer in einer Mechanik verbaut wurde, die auf ein Gestell gründete. Darin konnten sich die Lager der Mechanikfiguren beim Anschlagsvorgang nicht bewegen. Damit entstand die englische Mechanik – im Gegensatz zur Wiener Mechanik, mit ihren auf der Taste gelagerten Hämmern, die beim Anschlag gegen die Saiten prallen. Bis etwa zum Ersten Weltkrieg wurden österreichische Flügel, wie Bösendorfer und andere Fabrikate, die sich daran orientieren, mit der Wiener Mechanik gebaut. Diese Bauform verschwand währen der 1920er-Jahre völlig. Seitdem und bis heute entstehen Flügel ausschließlich mit eingebauten Repetitionsmechaniken nach Érard nach englischer Bauweise.

Das Ende der Klaviergeschichte?

Unzählige Klavierfabriken in Europa und Amerika haben im Laufe der Jahrhunderte insgesamt viele Millionen Instrumente hergestellt und mit vielfältigen Patenten die Geschichte des Klaviers bereichert. Blüthners vierte Saite im Aliquot-System, Steinways Duplexskala, die den Klang unergiebiger Saitenteile mit einbezieht, oder das Tonhaltepedal, um einzelne Töne ins Pedal zu nehmen, ohne die gesamte Dämpfung abzuheben: Für den Erfindungsgeist der Klavierbauer gab es im Laufe der Jahrhunderte stets Raum für immer neue Verbesserungen! Wir sind gespannt, wie sich das geschichtsträchtige Instrument in der Zukunft weiterentwickeln wird.

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